Berliner Schneller-Bauen-Gesetz

Das Berliner Schneller-Bauen-Gesetz: Ein zweischneidiges Schwert?

In der Hauptstadt Berlin ist der Wohnungsmarkt seit Jahren angespannt. Steigende Mietpreise und ein Mangel an Wohnungen stellen für viele Berlinerinnen und Berliner eine bittere Realität dar.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, hat der Berliner Senat das sogenannte „Schneller-Bauen-Gesetz“ initiiert.
Doch was steckt hinter diesem Gesetz und welche Auswirkungen sind zu erwarten, insbesondere in Bezug auf die verkürzten Fristen und die Parallelisierung von Verfahren?

Die Ziele des Gesetzes sowie die Bedeutung der verkürzten Fristen und der Parallelisierung

Das Schneller-Bauen-Gesetz hat das Ziel, Planungs- und Genehmigungsverfahren für Bauprojekte in Berlin erheblich zu beschleunigen.

Ein zentrales Element dieser Beschleunigung sind die verkürzten Fristen in den unterschiedlichen Verfahrensschritten.
Zusätzlich sollen Genehmigungsschritte, wo immer möglich, zeitgleich bearbeitet werden, um weitere Zeit einzusparen. Die Hoffnung ist, dass durch diese strafferen Zeitrahmen und die gleichzeitigen Abläufe mehr Wohnungen in kürzerer Zeit errichtet werden können, was langfristig zur Entspannung des Wohnungsmarktes beitragen soll.

Zu den wesentlichen Punkten des Gesetzes zählen unter anderem:

Verkürzung von Fristen:

Dies stellt einen zentralen Bestandteil des Gesetzes dar.
So sollen beispielsweise die Genehmigungsfristen für einfache Bauvorhaben von bislang drei auf zwei Monate gesenkt werden. Auch bei komplexeren Projekten sind nennenswerte Reduktionen vorgesehen.
Für Stellungnahmen beteiligter Behörden sowie die Bearbeitung von Widersprüchen sind ebenfalls kürzere Zeiträume festgelegt.

Parallelisierung von Verfahren:

Genehmigungsschritte sollen, wo es möglich ist, gleichzeitig anstatt nacheinander bearbeitet werden, um den Gesamtprozess zu verkürzen.

Zentrale Anlaufstellen:

Für größere Bauvorhaben sollen zentrale Ansprechpartner innerhalb der Behörden geschaffen werden, um die Kommunikation zu erleichtern und Abstimmungsprozesse zu optimieren.

Erleichterungen im Bebauungsplanverfahren:

In bestimmten Fällen sollen Bebauungspläne schneller erstellt oder geändert werden können. Die Hoffnungen und Erwartungen – Beschleunigung durch verkürzte Fristen und parallele Prozesse.

 

Befürworter des Gesetzes erhoffen sich von den beschleunigten Verfahren, maßgeblich unterstützt durch die verkürzten Fristen und die Parallelisierung von Abläufen, einen erheblichen Schub für den Wohnungsbau. Sie argumentieren, dass überflüssige Bürokratie abgebaut wird und Investitionen in neue Wohnungen attraktiver werden.
Die verbindlichen Fristen sollen die Behörden zu einer schnelleren Bearbeitung bewegen, während die Parallelisierung es ermöglicht, Verzögerungen durch sequenzielle Abläufe zu vermeiden.

Dies könnte nicht nur die Wohnungsknappheit verringern, sondern auch positive Impulse für die lokale Wirtschaft setzen.

Die Kritik und Bedenken – Erhöhtes Risiko durch Zeitdruck und fehlende Abstimmung?

Das Schneller-Bauen-Gesetz ist jedoch nicht ohne Kontroversen. Umweltverbände und Teile der Opposition warnen vor möglichen negativen Konsequenzen für den Natur- und Umweltschutz sowie für die Qualität der Stadtentwicklung, insbesondere im Hinblick auf den durch verkürzte Fristen entstehenden Zeitdruck und die potenziellen Risiken der Parallelisierung von Verfahren.

Ihre Hauptkritikpunkte sind:

  • Absenkung von Umweltstandards:
    Es wird befürchtet, dass unter dem Druck der verkürzten Fristen Umweltbelange weniger Beachtung finden könnten.
    Zudem birgt die Parallelisierung das Risiko, dass Umweltprüfungen nicht ausreichend in andere Genehmigungsprozesse integriert werden, was zu Fehlentscheidungen mit negativen Folgen führen könnte.
  • Weniger Bürgerbeteiligung:
    Schnellere Verfahren aufgrund verkürzter Fristen für Stellungnahmen und Einwendungen könnten zulasten der Bürgerbeteiligung gehen. Auch die gleichzeitige Bearbeitung verschiedener Aspekte kann es Bürgern erschweren, den Überblick zu behalten und fundiert Stellung zu nehmen.
  • Qualitätsverlust:
    Die Konzentration auf Geschwindigkeit, bedingt durch verkürzte Fristen und Parallelisierung, könnte möglicherweise dazu führen, dass die Bauqualität sowie die städtebauliche Integration vernachlässigt wird. Wenn verschiedene Planungsaspekte gleichzeitig bearbeitet werden, besteht das Risiko, dass notwendige Abstimmungen und Rückkopplungen zu kurz kommen, was suboptimale Ergebnisse zur Folge haben kann.
  • Soziale Auswirkungen:
    Kritiker bemängeln, dass das Gesetz vor allem auf die Schaffung möglichst vieler Wohneinheiten abzielt. Die verkürzten Fristen und die Parallelisierung könnten dazu führen, dass soziale Aspekte in der Planung weniger Berücksichtigung finden, da der Fokus stark auf einer zügigen Abwicklung liegt.
    Es besteht das Risiko, dass soziale Belange, die möglicherweise längere Abstimmungs- und Konsensfindungsprozesse erfordern, unter dem Zeitdruck leiden.
  • Erhöhtes Risiko von Fehlern und Nachbesserungen:
    Durch die Parallelisierung von Verfahren besteht das Risiko, dass Entscheidungen getroffen werden, ohne dass alle Ergebnisse anderer gleichzeitig laufender Prüfungen vollständig vorliegen. Dies kann zu Fehlplanungen und kostspieligen Nachbesserungen im späteren Verlauf führen.
  • Komplexität und Koordinationsaufwand:
    Die Parallelisierung erfordert eine hohe Komplexität in der Koordination zwischen den verschiedenen beteiligten Behörden und Abteilungen. Wenn diese Koordination nicht reibungslos funktioniert, kann der erhoffte Zeitgewinn schnell verloren gehen und sogar zusätzliche Verzögerungen verursachen.

Ein Fazit mit Fragezeichen – Balanceakt zwischen Geschwindigkeit und Sorgfalt

Das Berliner Schneller-Bauen-Gesetz stellt einen ambitionierten Versuch dar, das drängende Wohnraumproblem anzugehen. Die verkürzten Fristen sowie die Parallelisierung von Verfahren sind zentrale Instrumente, bergen jedoch auch Risiken.

Entscheidend wird sein, wie die neuen Regelungen in der Praxis umgesetzt werden und ob ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Bedarf an schnellen Bauprozessen sowie der Wahrung wichtiger Umwelt-, Sozial- und Qualitätsstandards sowie einer effektiven Koordination der parallelen Prozesse gewährleistet werden kann.

Die kommenden Jahre werden zeigen müssen, ob das Schneller-Bauen-Gesetz tatsächlich zu einer nachhaltigen und sozial gerechten Entspannung auf dem Berliner Wohnungsmarkt führt oder ob die Gefahren der Beschleunigung überwiegen.